Luftkissenfahrzeug

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(Weitergeleitet von Air Cushion Vehicle)

Ein Luftkissenfahrzeug ist ein Fahrzeug, das von einem zwischen seiner Unterseite und dem Untergrund erzeugten Kissen aus komprimierter Luft getragen wird. Andere Bezeichnungen sind Hovercraft, Air Cushion Vehicle (ACV) oder Surface Effect Ship (SES).

Funktion

Hub (Erzeugung des Luftkissens)

Jedes Fahrzeug hat verschiedene Formen von Widerstand zu überwinden um sich in Bewegung zu setzten. Bei Bodenfahrzeugen und Schiffen handelt es sich dabei zum einen um den Luftwiderstand, zum anderen um den Rollwiderstand bzw. den Wasserwiderstand. Die letzteren verringert das Luftkissenfahrzeug dadurch, dass mittels eines Gebläses verdichtete Luft unter das Fahrzeug geblasen und es auf diese Weise vom Untergrund abgehoben wird. Der dazu nötige Überdruck errechnet sich nach folgender Formel:


: Überdruck im Luftkissen [N/m²]
: Masse des Fahrzeugs [kg]
: Erdbeschleunigung (9,81 m/s²)
: Grundfläche des Luftkissenfahrzeugs [m²]

Um das Verfahren für die Praxis tauglich zu machen muss das Luftkissen gegen den Untergrund abgedichtet werden, da sonst durch den Spalt zwischen Fahrzeug und Boden zu viel Luft ausströmen kann und die Schwebehöhe trotz hoher Gebläseleistung sehr niedrig bleiben würde.
Die erste praktikable Lösung fand Sir Christopher Cockerell 1954: die Luft wird durch einen am Rande der Unterseite verlaufenden schmalen ringförmigen Spalt geblasen. Der Luftstrahl ist dabei senkrecht nach unten oder leicht nach innen gerichtet. Dadurch bildet sich ein "Vorhang" aus Luft, der das Luftkissen am Entweichen hindert und so die Hubhöhe vergrößert. Beispiele für eine solche Ausführung sind die ersten englischen Luftkissenboote SR.N1 und SR.N2.
Die Effizienz lässt sich durch die Verwendung einer Schürze weiter steigern: das Luftkissen wird durch eine umlaufende flexible Schürze aus Gummi gegen den Grund abgedichtet. So ist eine große Hubhöhe erreichbar, die durch die Beweglichkeit der Schürze auch über unebenem Grund erhalten bleibt und somit das problemlose Überfahren größerer Hindernisse ermöglicht. Diese Bauweise ist seit den 1960ern gebräuchlich. Beispiel dafür ist das berühmte SR.N4 (Kanalfähre).

Vortrieb/Steuerung

Durch das Luftkissen befindet sich das Fahrzeug nicht mehr in Kontakt mit dem Untergrund und der Widerstand wird nahezu aufgehoben. Dies bedeutet auch, das der Vortrieb durch Luftstrahlen erfolgen muss.
Die Steuerung geschieht durch die Richtungsänderung des Luftstrahls. Da keine Seitenführungskraft vorhanden ist dreht sich das Fahrzeug nur um die Hochachse ohne die Fahrtrichtung zu ändern. Erst wenn der Schubstrahl das Fahrzeug in die neue Richtung schiebt, wird die Kurve eingeleitet. Auch bremsen ist nicht problemlos möglich: entweder muss eine Vorrichtung zur Schubumkehr vorgesehen werden, oder das Fahrzeug wird als ganzes gegen die Fahrtrichtung gedreht und durch Gasgeben gestoppt.

Bauformen

Ein gemeinsames Gebläse für Hub und Vortrieb

Viele kleine Luftkissenfahrzeuge, wie sie z. B. für Rennen verwendet werden, besitzen nur ein Gebläse für Hub und Vortrieb. Zum Erzeugen des Luftkissens wird ein Teil des Luftstroms abgezweigt (ca. 1/3) und unter das Gefährt gelenkt, der Rest strömt nach hinten und dient dem Vortrieb und der Steuerung über Seitenruder.

Zwei unabhängige Gebläse für Hub und Vortrieb

Für die unabhängige Kontrolle von Hub und Vortrieb sind zwei Gebläse nötig. Alle größen Luftkissenfahrzeuge funktionieren nach diesem Prinzip, da nur so eine sichere Kontrolle auch bei kleinen Geschwindigkeiten gewährleistet ist.

Fahreigenschaften

Das Luftkissenfahrzeug ist durch sein Funktionsprinzip nicht an einen bestimmten Untergrund gebunden und damit voll amphibisch. Es kann unterschiedslos über Land und Wasser fahren, auch schwierige Untergründe, wie seichtes oder durch Hindernisse wie Felsen, Treibgut oder Eisschollen blockiertes Wasser, kleine Stromschnellen, Schlamm, Sand, Moor, Schnee und Eis können überfahren werden. Damit sind Gegenden zugänglich, die man sonst nur mit dem Hubschrauber erreichen könnte.
Kleine Erhebungen wie Felsen oder Baumstämme sind bis zu einer gewissen Größe (abhängig von der Schwebehöhe) kein Hindernis. Gräben sind ab einer gewissen Größe unüberwindlich, da das Luftkissen entweicht und das Fahrzeug absinkt.
Im Vergleich zum Hubschrauber kann ein Luftkissenfahrzeug wesentlich größer gebaut werden bzw. bei gleichem Energieaufwand größere Lasten transportieren.
Im Vergleich zum Schiff ist der Energieverbrauch höher, vor allem bei langsamer Fahrt, und die maximale Größe geringer, dem gegenüber stehen die amphibischen Eigenschaften.

Weblinks