Carrera

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Carrera Flugmodelle

Die Firma Carrera war einer der bekanntesten deutscher Spielwarenhersteller.

Hervorgegangen aus der 1920 gegründeten Blechspielwarenfabrik JNF (Joseph Neuhierl Fürth) übernahm der Sohn des Firmengründers, Dr. Herrmann Neuhierl (* 20.7.1927, † 6.2.1985), im Jahre 1957 den väterlichen Betrieb und begann 1963 mit der Produktion seiner bekannten Autorennbahnen sowie diverser anderer, meist schienengebundener Spielwaren.

Nach einer Umstrukturierung der Firma begann Neuhierl etwa 1972/73 mit dem Aufbau der Carrera-Structo-Modellpalette. Diese beinhaltete neben RC-Cars und Booten auch die im eigenen Hause gefertigte RC-Anlagen (Stratotronic, 1975, als 1 und 4-Kanal-Ausführung und einer Super-8) und natürlich auch die Flugmodelle nebst sämtlichem Zubehör bis hin zu den Kunststoffschrauben. Auch an die roten Nasenschablonen wird sich mancher erinnern.

Der Entwurf der meisten Carrera-Modelle stammt von H. Krottenmüller. Der Entwurf und die Umsetzung der modelltypischen Einbauteile erfolgte größtenteils durch W. Schön.

Carrera Favorit

Neben einigen Wurfgleitern und Freiflugmodellen gehörten die RC-Segler Draco (mit Kreuzleitwerk) und Favorit, die Motormodelle Bölkow Junior und Citabria von Carrera (Holzbaukästen) sowie ein Kunstflug-Tiefdecker namens Bluebird zum Programm, als das Unternehmen Anfang 1974 erstmals in Modellbaukreisen auf sich aufmerksam machte.

Draco, Favorit und Bluebird verfügten über GFK-Rümpfe - die Segler wurden mit verschiedenen Tragflächen angeboten.

Bei den Holzbaukästen wurden nicht die schwierig zu fertigenden Sperrholz- und Metallteile verwendet, sondern ABS-Spritzgussteile. Der hervorragend ausgerüstete Formenbau von Carrera bot hierfür jede Möglichkeit.

Diese Vielzahl von Kunststoffteilen war eines der ersten Markenzeichen der Carrera-Modelle. Die in beheizten Formen verpressten Fertigflügel hatten eine hervorragende Fertigungsqualität. Selbst nach 30 Jahren weisen diese epoxiverleimten Bauteile kaum Verzug auf. Natürlich waren die Anschlussrippen aller Carrera-Flügel aus Kunststoff.


Etwa 1976 begannen umfangreiche fertigungstechnische Versuche mit einem neuartigen Werkstoff, der später als Ferran bekannt wurde und bis heute eines der bekanntesten Merkmale der Carrera-Flugmodelle ist. Typisch waren auch die Kabinenhauben mit Verstärkungsrippen, genau wie die eingenieteten Holmbrücken. Die in Stahlrohren geführten Hohlnieten dienten hierbei gleichzeitig als Führungsrohr für die runden Flächenstähle.

Carrera SB 10 (3,2 m)

Als erstes bekam die große ASW 17 (3.2 m) und der bewährte Favorit (2,3 m und 2,6 m) diesen neuen, revolutionären Rumpf. Ihnen folgten bald spätere "Klassiker" wie und die kleine SB 10 (3,2 m) sowie die Kestrel (3,8 m) und die Cessna.


Allerdings wurde es teilweise auch etwas übertrieben. Bei der kleinen SB10 wurde beispielsweise ein Fertigflügel mit Erleichterungsöffnungen angeboten, wie es sonst nur bei den Leitwerken üblich war. Dieser Flügel war wegen seiner Bruchempfindlichkeit berüchtigt, genau wie die CA-Kabinenhauben im allgemeinen. Geübte Carrera-Fans sägten die hintere Befestigungslasche der Hauben sofort nach Erhalt des Baukastens ab und befestigten die Hauben mittels Gummiringen.
- Die tiefgezogenen Pilotenatrappen waren auch nicht jedermanns Geschmack -


Draco und Junior überlebten die Umstellung auf Ferran nicht und verschwanden aus dem Programm, aber der Bluebird war weiterhin dabei und behielt als einziges Carrera-Modell seinen GfK-Rumpf bis zum Ende im Februar 1985. Auch einige Segler mit Holzrumpf blieben im Programm, wie die Bora (2 m-Jedelsky) und Milan (2,3 m-Rippe).

Bei der Einführung des Elektrofluges machte sich Carrera ebenfalls sehr verdient mit den Holz-Modellen Student und Primus sowie natürlich dem Optimus mit 2,8 m-Fertigflächen und Ferran-Rumpf. Die verschiedenen Tragflächen von Optimus und der großen ASW17 waren austauschbar, was aber selten genutzt wurde. Eine Fertigflächen-Version der ASW17 bot Carrera nie an, trotz vorhandener Bauteile.

Carrera Elektromodelle

Der Hochdecker-Trainer Passat und das Kunstflugmodell Schirokko konnten sowohl elektrisch als auch mit Verbrenner ausgestattet werden. Einige Kunststoffteile dieser Modelle, wie z. B. die Motorhaube, waren identisch.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es für den Elektroflug mindestens sechs Motor und Getriebevarianten aus eigenem Hause gab, jedoch nur eine einzige Klappluftschrauben in der Größe 14,75 x 10 (siehe Primus und Optimus).

Interessant ist auch, dass Carrera für die Segler bis 3,2 m einen elektrischen "Außenborder" anbot, ausgestattet mit Bühler-Motoren oder einem 540er Mabuchi. Die Flugakkus mit bis zu 12 Zellen konnten hierfür z. T. in abnehmbaren Behältern unter der Flächenwurzel mitgeführt werden (siehe Favorit).

Ebenfalls erwähnenswert sind die speziellen Rumpfspitzen, die es für die E-Segler Optimus und Primus gab, falls die Modelle als reine Segler gebaut werden sollten.



1978 wurde die Palette noch mehr erweitert und es erschienen Trimmy, die kleine ASW 17 (2.2 m), der Nimbus 1 (3 m), der Mistral C (4,45 m) und nicht zuletzt die legendäre, große SB 10 mit einer Spannweite von 5,05 m. Die SB 10 war eine Sensation und um 1977/78 das größte Serienmodell überhaupt. Diese Modelle zeigten aber auch die Grenzen des Werkstoffes Ferran deutlich auf.

Carrera SB-10 5 m

Vielleicht das bekannteste Modell im Bunde der Neuzugänge war der legendäre Kunstflugsegler Sagitta.

Bei Mistral und SB10 wich Carrera erstmals vom bis dahin ebenfalls typischen Einfachtrapezflügel ab. Außerdem erfolgte nun ein Umstieg auf Flachstahl-Flügelbefestigungen und eingeschraubte Rumpfverstärkungen. Auch wurde bei diesen Neuzugängen eine doppelte Beplankung verwendet. Die innere Schicht bestand dabei aus Abachi, die äußere, Carrera-typisch, aus 1,5 mm Balsa.

Carrera Draco & Trico

An reinen Motormodellen bot Carrera zusätzlich zur bewährten Cessna und dem Blue Bird den Hochdecker Trainer an. Abgerundet wurde die Palette von dem kunstflugtauglichen Tiefdecker Sportavia RF6.


Bis 1981 entstanden zusätzlich Neuauflagen des Draco (drei Ausführungen mit 2,8 m, 3,2 m und 3,5 m) und ein kleineres Modell namens Trico (2 m und 2,5 m Version). Beide Modelle hatten einen spindelförmigen Rumpf und ein charakteristisches Pendel-V-Leitwerk.

Die kleine Version der SB10 wurde im Rahmen der Modellpflege 1978-79 zusätzlich in einer Querruderversion angeboten und die Stahlform für den Rumpf entsprechend umgearbeitet. Damit waren jetzt auch alle Tragflächen von Nimbus und der neuen Version der SB10 austauschbar. Carrera wies allerdings nie besonders auf diese Tatsache hin.

Die Herstellung der 18 unterschiedlichen Ferran-Rümpfe war kostspielig und sehr zeitintensiv, und selbst der blaue Katalog von 1979 und später der von 1981 waren extrem aufwändig gemacht. So sind hier zum Beispiel alle Modelle neben den üblichen Bildchen auch exakt als Dreiseitenansicht im Maßstab 1:20 abgebildet.

Bemerkenswert auch die geradezu unfassbare Menge an Anlenkungsteilen, mechanischen Mischern etc., vor allem bei den Modellen Mistral und Draco 3002. Das Meiste davon konnte für kein anderes Modell verwendet werden.


Dieser unglaubliche Aufwand hatte allerdings seine Folgen, denn eigentlich war er wirtschaftlich völlig untragbar.

Also versuchte man bei Carrera gegenzusteuern und es entstanden in der letzten Phase des Unternehmens nach 1981 noch vier Modelle mit preisgünstigem geblasenem ABS-Rumpf, den Carrera als "Novalex"-Fertigrumpf, die eingefleischten Carrera-Fans schlicht als "Joghurtbecher-Rumpf" bezeichneten.

Die Modelle Lift, Loft, ASW 19 und Coach hatten diese Rümpfe.

Carrera Lift 1002

Für den Lift, ein Modell mit Kreuzleitwek, wurden die verschiedenen Tragflächen des Trico verwendet.

Loft und ASW 19 hatten unbeplankte Hartschaumflächen und waren somit die ersten Vorläufer heutiger "Foamies".

Der langlebige Favorit wurde nochmals geändert, erhielt nun einen größeren Fertigflügel mit 2,5 m, das billigere Brettchenleitwerk des "Trimmy" und ein tiefgezogenes Seitenruder aus ABS.

Auch ein neuer Gesamtkatalog kam nach der "silbernen Carrera-Bibel" von 1981 nicht mehr heraus.

Doch es war zu spät und im Februar 1985 musste die Carrera-Spielwarenfabrik Neuhierl GmbH&Co.KG Insolvenz anmelden und noch während der Übernahmeverhandlungen nahm sich der hoch verschuldete Dr. Herrman Neuhierl das Leben.


Die aus der Konkursmasse neu gegründete Firma "Carrera Century Toys" stellte keine Flugmodelle mehr her, sondern hat sich auf die allseits bekannten Autorennbahnen und Plastikspielwaren konzentriert. Seit 1999 ist Carrera ein Teil der Stadelbauer-Gruppe.

Das Flugmodellprogramm wurde zunächst von einer eigens gegründeten Firma namens AirJet-Modelltechnik, später in Teilen von Simprop übernommen und noch bis etwa 1995 weitergeführt.

Die Simprop-Lufthutze ist eines der wenigen Bauteile aus der Carrera-Zeit, das bis heute überlebt hat.

Gut erhaltene Carrera-Modelle sind aber bis heute hoch geschätzt bei ihren Fans, und das nächste Treffen für Carrera-Modelle und ihre Zeitgenossen wird im August 2012 stattfinden!



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