Heißdrahtschneiden

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Grundsätzliches

Hartschäume wie EPS (Styropor, Sagex), XPS (Styrodur, Depron, Selitron, Roofmate) oder EPP sind von Art und Eigenschaften unterschiedliche Materialien, die im Modellbau unterschiedlich eingesetzt werden können. Alle diese Materialien können mit einem "heißen Draht" geschnitten werden. Dazu sind je Material unterschiedliche Temperaturen und Schnittgeschwindigkeiten zu beachten. Diese können anhand von Versuchen aber leicht selber ermittelt werden.

Schneidwerkzeug und Spannungsversorgung

Als Schneidwerkzeug wird in jedem Fall ein elektrisch leitender Draht eingesetzt, der elektrisch aufgeheizt wird. Die erforderliche Temperatur/Heizleistung ist dabei vom Material abhängig welches geschnitten werden soll. Es ist dabei egal, ob der Draht mittels Gleich- oder Wechselspannung versorgt wird. Abhängig vom verwendeten Draht kann die Leistung mehr aus der Spannung (Draht mit hohem Widerstand) oder aus dem Strom (Draht mit geringem Widerstand) kommen. Entsprechend ist die Spannungs/Stromquelle zu dimensionieren. Da die spannungsführenden Elemente berührbar sind, ist auf jeden Fall darauf zu achten dass Sicherheits-Kleinspannung (< 48V) ausreicht. Übliche geeignete Trafos / Netzteile im Modellbau liefern einen Strom von ca 4-5 Ampère und bis zu 48 Volt Spannung. Bei kleinen Schnittlängen und in Styropor kann auch wesentlich geringere Spannung ausreichen.

Die ideale elektrische Energiequelle ist eigentlich eine Stromquelle. Dies aus dem folgenden Grund: Für den Schnitt ist pro Länge eine bestimmte Heizleistung nötig. Bei einem gegebenen Widerstandsdraht ist die Heizleistung bei konstantem Strom proportional zur Drahtlänge; sie passt also automatisch zur Schnittlänge. Die entsprechende Quelle passt automatisch ihre Spannung dem Widerstand des Drahtes an. Diese Problemstellung ist analog zu der, die ein Ladegerät mit Konstantstromladung erfüllen muss. Diverse moderne Lader bieten deshalb heute bereits entsprechende Schneidprogramme an. Auch ein Regler für einen Bürstenmotor kann dazu zweckentfremdet werden, braucht dann allerdings noch einen Servotester o.ä. um die Stellgrösse einzugeben.

Es kann ein Stahldraht (dünne Gitarrensaite) oder ein Widerstandsdraht (z.B. Konstantan) eingesetzt werden oder ein speziell legierter Stahldraht wie er käuflich zu diesem Zweck bei Elektronikversendern angeboten wird.

Die Speisespannung wird am besten mittels Krokodilklemmen auf den Draht gegeben, so wird bestimmt in welchem Bereich er sich aufheizt.

Der Schneiddraht wird im Regelfall von einem Bügel straff gehalten, ähnlich einem Sägebügel. Der Bügel soll den Draht auch im Schnitt, wenn er heiß ist und sich etwas dehnt, straff spannen. Dies wird erreicht durch einen gefederten Gegenzug bei einem H-ähnlichen Bügel, oder bei einem D-Bügel, ähnlich einer Eisensäge, durch eine Feder oder federnde Arme, zwischen denen der Draht gespannt wird. Der Bügel muss auf alle Fälle gegen den Schneiddraht elektrisch isoliert sein.

Die Temperatur läßt sich, als weiteres Beispiel, auch durch eine Phasenanschnittsteuerung (Baustein aus dem Elektronikversand) eingangsseitig steuern. Es wird ein Multimeter (10 Ampere Messbereich genügt) in Reihe zwischen den Schneiddraht und den Trafo geschaltet und man erhöht dann langsam die Eingangsspannung des Trafos bis die richtige Stromstärke erreicht ist. Bei EPP müssen dann ca 3,5 Ampere Stromstärke eingestellt werden. Das ist bereits kurz vor der Glühtemperatur eines Stahldrahtes! Bei Styropor und Styrodur ist es viel weniger. Die jeweilige Stromstärke muss durch Versuche ausprobiert werden. Sie richtet sich auch nach der Länge und dem Material des Schneiddrahtes. Versuch macht hier klug. Eine Liste der Schneiddaten je Material und Schnittlänge für später auf zu schreiben ist empfehlenswert.

Schneidbügel

So vielfältig wie die Aufgabe so vielfältig kann auch der Schneidbügel sein. Hier ein Überblick für gerade Schnitte und für spezielle Aufgaben:

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Schmelzfuge

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Mit Schmelzfuge (andernorts auch Abbrand genannt) wird der zusätzliche Materialverlust rings um den Heißdraht bezeichnet. Wenn es auf Genauigkeit des Schnittes ankommt darf diese Schmelzfuge nicht unberücksichtigt bleiben. Deshalb wird ein Testschnitt angefertigt und nach ein paar Zentimetern der Strom abgeschaltet. So kann man die entstandene Spaltbreite des Schnittspaltes mit einer Fühlerlehre ausmessen und mit dem Durchmesser des Schnittdrahtes vergleichen. So erhält man das Mass des zusätzlichen Materialverlustes durch die Schmelzfuge, das bei der Erstellung der Schablonen zu berücksichtigen ist. Die rote Linie in der Grafik symbolisiert die Lage der Schneidrippenoberkante. Deutlich ist zu sehen, dass die Schmelzfuge sich auch unterhalb dieser Linie erstreckt.

Arten der Schnittführung

Wie immer führen verschiedene Wege zum Ziel:

CNC

Der Schneiddraht wird von einem Computer über 2 oder 3 Achsen mittels Schrittmotoren verfahren, wobei ein Steuerprogramm vorgibt wie schnell sich der Draht auf welchen Koordinaten durch den Schaumklotz bewegt. Der Abbrand um den Draht herum wird hierbei zuvor ermittelt und beim Schnitt mit einberechnet. Drahthänger und damit Kerben im Material sind so nicht zu erwarten. Es gibt zahlreiche Firmen, die die Herstellung von Flächenkernen nach diesem Verfahren in Lohnarbeit anbieten.

Handschnitt

Der Schneidbügel wird frei von Hand oder entlang von Schablonen durch das Material geführt. Beim Profilschnitt ist es ratsam die Schneidrippenschablonen auf beiden Seiten mit Abstandsrastern zu versehen und diese zu nummerieren. Zwei Personen an den Bügelenden können so die Schneidgeschwindigkeit synchronisieren indem die Zahlen, die erreicht werden, von einer Person laut angesagt werden. Für einen sauberen Schnitt mit sauberer Oberfläche ist schon eine Menge Übung nötig, da jede Geschwindigkeitsänderung die Oberflächeneigenschaft des Schnittes beeinträchtigt. Ein Stehenbleiben oder Abbremsen des Drahtes während des Schnitts führt sofort zu Kerben in der Oberfläche da die Schmelzfuge dann drastisch breiter wird.

Schwerkraftschnitt/Windenschnitt

Um einen gleichmäßigen Schnittvorschub und damit eine schöne glatte Oberfläche zu erreichen, kann der Drahtvorschub mittels eines Gewichtes erfolgen, welches zur Erde sinkt oder der Vorschub wird über eine langsam laufende elektrische Winde erzeugt. Wobei der Drahtvorschub über die Drehzahl geregelt wird.

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Voraussetzung für ein gutes Gelingen sind absolut saubere und an der Oberfläche glatte Schneidschablonen an denen der Draht leicht entlang gleiten kann und keinesfalls hängen bleibt. Dies erreicht man zum Beispiel indem dünnes Alublech (Lithografieblech aus der Druckerei) auf die Gleitfläche aufgebracht wird. Leicht überstehende Ränder werden mit einem Falzbein oder einem runden Holz durch entlangstreichen seitlich etwas umgekantet. Als Material für die Schneidrippen reicht harte dicke Pappe oder Hartfaserplatte aus. Schneidrippen sollten an jedem Ende einen Drahtfanghaken haben.

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An der Auslaufseite sollte der Haken ca 2-3 cm hinter dem Austritt aus dem Material liegen. Damit kann der Drahtdurchhang in der Mitte auch noch gleichmäßig aus dem Material austreten am Schnittende und der Bügel macht sich nicht selbstständig und springt durch die Gegend. Die Schablonen werden links und rechts am Schaumklotz mittels Stecknadeln angepinnt oder mit Sprühleber festgeklebt. Die abgebildeten Schablonen für den XXL Magnum hatten ca. 10 kleine Bohrungen für die Stecknadeln bei 50 cm Länge. Der Schnitt erfolgt immer von der Nasenleiste zur Endleiste. Es werden zwei Sätze Schneidrippen je einer für oben und unten benötigt. Es sei denn das Profil ist symmetrisch oder wie beim Magnum reloaded sogar ein einfacher Kreisausschnitt. Der Schneidbügel wird in der Mitte mittels einer Schnur unter der Zimmerdecke aufgehängt, so dass er die komplette Schneidstrecke entlang nicht behindert oder aufgehalten wird (ausprobieren ob der Draht nicht an irgend einer Stelle nach oben von der Rippe abhebt!). Man kann den Bügel, falls genügend Platz vorhanden ist, auch mittels einer Latte, die auf dem Tisch aufliegt, nach hinten abstützen oder eine Rolle montieren auf der der Bügel nachrutscht. Wichtig ist nur, das der Bügel lediglich mit seinem Eigengewicht mit dem Schneiddraht auf den Schneidrippen ruht, nicht behindert wird und nicht nach oben auswandert durch die Aufhängung. Eventuell sind verschiebbare Gewichte an den Drahtspannbügeln sinnvoll um den Auflagedruck einzustellen. An der Vorderkante des Schneidtisches ist eine Latte einseitig so befestigt, dass sie sich mit dem freien Ende nach unten bewegen kann.

In der Prinzipskizze (rechts) wurde der Schneidbügel nicht mitgezeichnet!

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An der Tischkante, parallel zur Tischoberfläche, befinden sich 2 leicht laufende Rollen, die in der Lage sind eine Schnur zunächst waagerecht entlang der Tischkante umzulenken. Rechts und links vom zu schneidenden Material werden die 2 Zugschnüre mittels Haken oder Wirbeln in den Schneiddraht eingehängt der sich bereits hinter dem Material, auf den Schneidrippen aufliegend befindet. Hinweis: Bei Zugschnüren aus Metall, z.B. Angelvorfach, müssen die Haken isoliert sein um einen Kurzschluss über die Zugschnüre zu vermeiden! Für einen beidseitig gleich langen Schnitt zum Beispiel eine rechteckige Tragfläche, wird auf beiden Seiten der gleiche Drahtvorschub benötigt. Also werden die Zugschnüre über die waagerechten Umlenkrollen zu einer gemeinsamen senkrechten Rolle an der Tischkante geführt und von dort nach unten umgelenkt zu der beschriebenen Latte.

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Dort werden sie an einem Punkt befestigt (um die Latte gewickelt und mit einer Schelle verklemmt oder anderweitig befestigt). Der Zug auf den Schnüren muss beidseitig gleich und ohne Durchhang sein. Die Zuglatte wird mit einem unterschiedlich positionierbaren Gewicht so beschwert, dass der Zug gerade ausreicht die Reibung im Zugweg der Schnüre und die des Schneiddrahtes auf den Schablonen zu überwinden. (Testlauf ohne Schneidgut durchführen) Beim echten Schnitt sollte der Heißdraht dann mit ca. 3-5 mm pro Sekunde durch das Material gleiten um den Durchhang (Nachhang) in der Mitte möglichst klein zu halten. (Mit der Drahttemperatur einstellen) In der Vorbereitungszeit bis zum Schnitt kann die Zuglatte am freien Ende mittels einer Seilschlinge oben gehalten werden, um zu verhindern dass die Zugspannung die ganze Zeit auf dem Schneiddraht anliegt. Wenn alles nochmal auf Freigängigkeit kontrolliert ist, wird die Seilschlinge am Ende der Latte gelöst und das System unter Gewichtsspannung gesetzt. Beidseitig des Materials wird der Schneiddraht jetzt mit der Gewichtskraft gegen das Material gedrückt. Wenn alles ok ist, wird der zuvor eingestellte Schneidstrom eingeschaltet und der Schneiddraht aufgeheizt. Sofort beginnt der Schnitt und das Gewicht am freien Ende der Latte sinkt zur Erde. Gezogen von den beiden Schnüren folgt der Schneiddraht diesem Zug entlang der Schneidschablonen. Am Ende des Schnitts tritt er zunächst an den Enden aus dem Material aus und gleitet bis zu den, hoffentlich mit eingeplanten, Fanghaken an den Schneidrippen. Er kommt dort zum Stehen und tritt dann auch in der Mitte nach und nach aus dem Material aus. Jetzt kurz mit dem Lappen über den Draht wischen, um Schmelzreste zu beseitigen und den Strom wieder abschalten.

Trapezschnitt

Werden trapezförmige Flächen benötigt spielt diese Einrichtung ihre zweite Fähigkeit aus, wenn man sie um eine weitere senkrechte Umlenkrolle erweitert. Hier spielt jetzt das Längenverhältnis der beiden Schneidrippen eine Rolle. Ist die eine Seite beispielsweise 150 mm lang und die andere 200 mm lang, liegt ein Längenverhältnis von 3:4 vor. Die Befestigungspunkte an der beweglichen Latte müssen im gleichen Verhältnis zu dem Drehpunkt der Latte gewählt werden. In diesem Fall beispielsweise 75 cm und 100 cm vom Drehpunkt entfernt. Dadurch wird erreicht, dass der Zugweg an der kürzeren Schneidrippe auch entsprechend gekürzt ist, aber der gesamte Vorgang des Schnitts trotzdem gleichmäßig verläuft. Die Breite der Schmelzfuge ist in Richtung der schmalen Trapezseite immer etwas höher, da durch den langsameren Drahtvorschub die Hitze hier länger auf das Material einwirkt.

Die Seilführungen an der Tischkante sind das A und O bei der Konstruktion. Sie müssen leichtgängig und so verschiebbar/platzierbar sein, dass die Zugschnüre an verschiedenen Positionen jeweils über die Tischkante senkrecht nach unten umgelenkt und zur Zugstange geführt werden können. Dazu sind dann für jede Zugschnur je zwei Rollen in Kombination erforderlich.

Trapez links.jpg Rollen.jpg Zugöse.jpg


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